Foto: Axel Mörer, S-Press-Medien

AdP – Regionalgruppenleiter-Seminar 2025 Göttingen

Supervision als Schlüssel: Widerstandskraft stärken

von Anja Strecker-Seebo

Das diesjährige Regionalgruppenleiter-Seminar des Arbeitskreises der Pankreatektomierten e.V. (AdP) fand vom 18. bis 20. September 2025 in der Universitäts- und Wissenschaftsstadt Göttingen statt. Schon das im Vorfeld angekündigte Programm ließ erkennen: Diese Veranstaltung sollte in einem völlig neuen Format stattfinden. Der AdP lud die Regionalgruppenleiter und -leiterinnen erneut zu „Supervisionen“ ein.

Traditionell eröffneten der Vorsitzende des AdP, Lutz Otto, sowie Herr Prof. Dr. med. Helmut Friess (Klinikum rechts der Isar der TU München und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des AdP) das Seminar am Donnerstagnachmittag. Lutz Otto berichtete über aktuelle Veränderungen im Vorstand und stellte das neue Vorstandsmitglied Rüdiger Schwenn (Koordinator-Nord; Regionalgruppenleitung Rhein/Ruhr) und Andrea Ziller (Regionalgruppe Oberland), aktuell als Gast im Vorstand, vor. Des Weiteren konnten seit der letzten Regionalleiterveranstaltung erfreulicherweise acht neue, ehrenamtliche Regionalgruppenleiter und -leiterinnen ernannt werden.

Nachdem sie bereits am Vormittag von den Vorstandsmitgliedern Andrea Raih und Gudrun Sandler für ihre neuen Tätigkeiten geschult und vorbereitet wurden, nutzten sie ebenfalls die Gelegenheit, sich vorzustellen und einige persönliche Worte an die Teilnehmenden zu richten. Im weiteren Verlauf der allgemeinen Eröffnung wurden mehrere Themen diskutiert. Beispielsweise der Umgang mit Werbung bei Regionalgruppentreffen oder das Voranschreiten der Digitalisierung beim AdP. Nicht unerwähnt sollten auch die beiden Geburtstagsjubiläen an diesem Tag sein. Rüdiger Schwenn und Axel Mörer (S-Press | medien) nahmen die Gratulationen dankend entgegen. Bei herrlichem Spätsommerwetter klang der erste Seminartag bei einem gemeinsamen Abendessen aus.

Der zweite Seminartag: Supervisionen

Der zweite Seminartag galt den Supervisionen. Doch was versteht man im Allgemeinen unter Supervision? Die Supervision eröffnet einen geschützten Raum, um den Umgang mit Krankheitserfahrungen zu reflektieren und neue Wege im Alltag zu finden. Unter professioneller Begleitung können Belastungen ausgesprochen, innere Ressourcen gestärkt und hilfreiche Perspektiven entwickelt werden. So trägt Supervision dazu bei, die eigene Resilienz zu fördern, Kompetenzen im Umgang mit herausfordernden Situationen auszubauen und mehr Klarheit sowie Stabilität im Leben mit der Krankheit zu gewinnen.

acht neue Regionalgruppenleiter
acht neue Regionalgruppenleiter (Foto: Axel Mörer)

Alle Regionalgruppenleiter und -leiterinnen waren dazu im Vorfeld in kleinere Gruppen aufgeteilt worden. So bestand für sie die sichere Teilnahme an der Supervision „Resilienz stärken und Kompetenz erweitern“, geführt vom Dipl. Psychologen Hans-Jürgen Kraux (Leitender Psychologe und Onkopsychologe (DKG) im Sana Klinikum Berlin-Lichtenberg). Herr Kraux eröffnete die Supervision mit der Begriffsdeutung der Resilienz. Eine schwere Krankheit stellt das Leben oft von Grund auf den Kopf. Körperliche Einschränkungen, emotionale Belastungen und existentielle Fragen können überwältigend sein. Umso wichtiger ist es, die innere Widerstandskraft – die Resilienz – zu fördern.

Resilienz bedeutet nicht, Schwierigkeiten wegzuwischen, sondern ihnen mit einer optimistischen Haltung zu begegnen und die eigene Handlungsfähigkeit Schritt für Schritt zurückzugewinnen. Resiliente Menschen schaffen es, schwierige Situationen nicht nur zu überstehen, sondern gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Sie erkennen, was in ihrem Einflussbereich liegt, und setzen dort an. Anstatt in Ohnmacht oder Hilflosigkeit zu verharren, entwickeln sie Lösungsstrategien und stärken so ihre Selbstwirksamkeit. Dadurch werden Lebensmut, innere Stabilität und Hoffnung gefördert.

Supervision mit Dipl.-Psych. Hans-Jürgen Kraux
Supervision mit Dipl.-Psych. Hans-Jürgen Kraux (Foto: Axel Mörer)

Herr Kraux verband dies mit einer Vielzahl von kleinen Übungen für den Alltag: das Glückstagebuch, die Gedankenwolken und die Wunderfrage regten zur Teilnahme an. Ein zentraler Bestandteil von Resilienz ist die Fähigkeit zur Selbstregulation: Gefühle wahrnehmen, steuern und konstruktiv ausdrücken. Wer resilient ist, geht achtsam mit sich selbst um – durch Selbstfürsorge, kleine Pausen, gesunde Routinen und das Setzen von Grenzen.

Negative, limitierende Glaubenssätze („Ich schaffe das nicht“) werden bewusst hinterfragt und in positive Überzeugungen verwandelt („Ich finde einen Weg, Schritt für Schritt“). Resiliente Menschen wissen, dass sie nicht alles allein tragen müssen. Sie suchen bewusst nach Unterstützung im sozialen Umfeld und nutzen die Kraft von Netzwerken. Ebenso wichtig sind Werte: Sie geben Orientierung, Sinn und Halt. Gerade in Zeiten schwerer Krankheit können Werte wie Familie, Freundschaft oder Dankbarkeit ein starkes Fundament sein, um sich neu auszurichten.

Resilienz ist kein angeborenes Talent, sondern eine Fähigkeit, die jeder Mensch entwickeln und erweitern kann. Mit Hilfe der besagten Übungen Glückstagebuch, Gedankenwolken oder der Wunderfrage sowie einer klaren Haltung zu Selbstfürsorge, Netzwerken und Werten lässt sich der Umgang mit der Krankheit aktiv gestalten. So wächst die Kompetenz, innere Ruhe zu bewahren, Lösungen zu finden und trotz schwerer Belastungen ein erfülltes, sinnvolles Leben zu führen.

Vorträge parallel zur Supervision

Frau Rösler, ehemals langjährige Leiterin der Bremer Krebsgesellschaft, bot den Teilnehmenden, jeweils parallel zur Supervision, verschiedene Vorträge an. Eröffnet wurde mit dem Thema „Wissenswertes zum Schwerbehindertenausweis“. Dabei widmete sie sich eingehend den Fragen „Was ist eine Behinderung?“ oder „Was ist der Grad der Behinderung (GdB)?“, wie wird er gestaffelt und wie werden diesbezüglich Krebserkrankungen bewertet. Eine Orientierung gaben hierzu Auszüge aus den Tabellen zum GdB. Frau Rösler erläuterte das Antragsverfahren und gab Hinweise zum Feststellungsbescheid.

Auch die Nachteilsausgleiche, Parkerleichterungen oder die Gleichstellung wurden intensiv behandelt und umfassend vorgestellt. Am späteren Vormittag bot sie für die Teilnehmenden eine Inforunde „Soziale Hilfen“. Die Bandbreite an auftretenden Fragestellungen ist mannigfaltig, von Person zu Person sehr individuell und nicht zwingend pauschal zu beantworten.

So wurde allgemein und auf die in erster Linie relevantesten Hilfen eingegangen. Betroffene finden vorranging Unterstützung in psychoonkologischen Beratungen, Selbsthilfegruppen oder in der Psychotherapie. Bestandteil dieser Inforunde waren erneut die Nachteilsausgleiche, Details zum Schwerbehindertenausweis aber auch Informatives in Bezug auf Leistungen für Haushaltshilfen für Kinder und Erwachsene, Übernahme von Fahrtkosten zur Behandlung, Varianten der Rehabilitation, Vorgaben für Zuzahlungen oder Befreiungen sowie Regelungen für Zahnbehandlungen, implantologische Leistungen oder Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegeleistungen bis hin zu palliativer Versorgung.

Auch auf die Leistungen bei Erkrankungen im erwerbsfähigen Alter wurde speziell eingegangen. Die Fragen zu Regelungen der Entgeltfortzahlungen, der Zahlung von Krankengeld oder weiteren Sozialleistungen wie Wohn-, Bürger- oder Arbeitslosengeld I und die Voraussetzungen für Erwerbsminderungsrente wurden beantwortet. Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, bei Rückkehr in die Erwerbstätigkeit ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten bzw. sind stufenweise Wiedereingliederungen ebenfalls möglich.

Abschließend wurde auf das Schwerbehindertenrecht im Arbeitsleben eingegangen, auch hier gilt es Rechte und Pflichten für Betroffene zu kennen.

Kulturelles Rahmenprogramm

Das kulturelle Rahmenprogramm führte die Regionalgruppenleiter und -leiterinnen in die Saline Göttingen. Die Teilnehmenden konnten hier in die faszinierende Welt der Salzgewinnung eintauchen. Sie erfuhren, wie aus der Sole – dem salzigen Wasser – durch traditionelle Verfahren das „weiße Gold“ entsteht. Direkt an der Siedepfanne ließ sich beobachten, wie das Salz langsam kristallisiert und welche Handgriffe nötig sind, um es zu gewinnen.

Geschichten rund um die historische Bedeutung des Salzes, spannende Einblicke in alte Arbeitsweisen und die Möglichkeit, Salz mit allen Sinnen zu erleben, machten die Führung zu einem besonderen Erlebnis.

Dritter Seminartag: Ehrungen und medizinische Themen

Der dritte Seminartag wurde mit einer besonderen Ehrung eröffnet: die Regionalgruppenleiterin Barbara Hübenthal aus Berlin feierte an diesem Tag ihren Geburtstag. Das Seminar umfasste wiederholt für die letzte Gruppe die Supervision mit Herrn Kraux sowie einen Austausch für Angehörige mit Frau Rösler.

In einer offenen Fragerunde beantwortete Herr Prof. Dr. med. Helmut Friess zahlreiche Anliegen von Regionalgruppenleitern und -leiterinnen. Ein Schwerpunkt lag auf der chirurgischen Versorgung: Engstellen am Darm, mögliche Folgen für die Gallenwege bei Arterienverletzungen sowie die Bedeutung, als Arzt den individuellen Vorfall genau zu verstehen, bevor eine passende Behandlung erfolgen kann.

Fragerunde mit Prof. Helmut Friess
Fragerunde mit Prof. Helmut Friess (Foto: Anja Strecker-Seebo)

Besonders betonte Professor Friess die Wichtigkeit aktueller Bildgebung – für Tumorerkrankungen sollten CT- oder MRT-Aufnahmen nicht älter als vier Wochen sein, um zügig eine klare Diagnose und Therapieentscheidung zu ermöglichen. Auch das Thema Nachsorge wurde angesprochen: Leitlinien geben zwar Rahmenzeiten vor, dennoch wird die Häufigkeit von Nachsorgeterminen individuell festgelegt – im ersten Jahr engmaschig, später in größeren Abständen.

Hierbei kann ein Tumorpass helfen, wichtige Daten übersichtlich zusammenzuhalten. Auch die Chirurgie im Wandel kam zur Sprache: Robotergestützte Systeme wie „Da Vinci“ bieten Vorteile wie kleinere Narben, weniger Schmerzen und schnellere Mobilität. Gleichzeitig bleibt die konventionelle Operation wichtig – gerade für die Ausbildung junger Ärzte.

Zum Abschluss gab Professor Friess einen Ausblick auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin. KI kann bei Diagnostik und Entscheidungsfindung wertvolle Unterstützung leisten, doch die Kompetenz hochqualifizierter Fachkräfte bleibt unverzichtbar. Medizinische Erfahrung und Empathie lassen sich durch Technik nicht ersetzen – vielmehr geht es fortan um das Zusammenspiel von Mensch und Maschine.

Abschluss und Ausblick

Zum Ende des Seminares fasste Lutz Otto weitere wichtige organisatorische Punkte zusammen. Zukünftig sollen Berichte aus Veranstaltungen regelmäßig versendet und Abrechnungen stets zeitnah an die BGS weitergeleitet werden. Die Informationsseite für Regionalgruppenleiter wird überarbeitet und künftig mit Videotutorials ergänzt. Zusätzlich ist eine Online-Anwenderschulung für Regionalgruppenleiter in Planung.

Es erfolgte ein Aufruf zur Teilnahme an Studien, da diese einen hohen Wert für die Patienten darstellen. Dabei wurde ergänzend angemerkt, dass manche Informationen zu komplex und wenig laienverständlich sind. Eine bessere Aufbereitung könnte die Teilnahmebereitschaft Betroffener erhöhen. Hier könnte der AdP als Schnittstelle fungieren und für mehr Transparenz sorgen.

Abschließend richtete Lutz Otto seinen Dank an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihren engagierten Einsatz in den Regionalgruppen. Ein besonderer Dank galt den Referenten, Herrn Kraux und Frau Rösler, die mit großem Engagement den AdP unterstützt haben, sowie den Mitarbeitenden der BGS, die durch ihre hervorragende Organisation zum Gelingen des Seminars beitrugen. Er gab den Ausblick, auch zukünftig das Format der Supervisionen in den Regionalleiterseminaren anbieten zu wollen. Supervision ist ein wertvoller Baustein für persönliche Entwicklung im Rahmen der Tätigkeiten unserer engagierten Regionalgruppenleiter und -leiterinnen.


Bericht als PDF-Download

Selbsthilfegruppe finden

Finden Sie eine Regionalgruppe in Ihrer Nähe.
Wir freuen uns auf Sie.
mehr

Experten-Hotline

Das Informations- und Beratungsangebot in Form einer Telefon-Hotline mit Pankreas-Experten.
mehr

Unser Forum

Besuchen Sie unser Forum zum Thema Bauchspeicheldrüse – Pankreas – Selbsthilfe
mehr

Der AdP Newsletter

Aktuelle Verbandsnachrichten und Meldungen rund um Bauchspeicheldrüsen(krebs)erkrankungen
mehr
Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrer Mitgliedschaft oder einer Spende